Kennen Sie das? Die Gespräche Ihrer Kollegen verstummen, sobald Sie einen Raum betreten? Hinter Ihrem Rücken wird gelästert und getuschelt und Sie sind grundsätzlich der Letzte, der wichtige Informationen erfährt? Sie haben das Gefühl, dass Ihre Kollegen Sie bei jeder Gelegenheit auflaufen lassen? Wenn das auf Sie zutrifft, dann haben Sie vielleicht ein Mobbing-Problem – und das kann Ihr Leben immens schwer und Ihren täglichen Arbeitsalltag zum Albtraum werden lassen.

 

Doch was ist eigentlich Mobbing?

Das Wort Mobbing kommt aus dem Englischen. „to mob“ bedeutet so viel wie pöbeln oder jemanden schikanieren. Mobbing kann in unterschiedlichster Form geschehen: mit Worten, mit Missachtung oder sogar mit Gewalt. Mobbing zu erkennen ist oft nicht einfach, denn typische Verhaltensweisen gibt es nicht. Dennoch ist Mobbing ein ernst zu nehmendes Problem in unserer Gesellschaft, das zeigt eine aktuelle Studie des Bundesarbeitsministeriums. Danach werden zurzeit 800.000 Arbeitnehmer in Deutschland an ihrem Arbeitsplatz gemobbt. Das sind 2,7 Prozent der Beschäftigten. Der Studie zufolge sind Frauen (75 Prozent häufiger als Männer), junge Beschäftigte und ältere Mitarbeiter (ab 55 Jahren) die bevorzugten Zielscheiben der Mobbing-Attacken. Ganz prinzipiell aber kann es jeden erwischen, denn Neid, Missgunst und Antipathie gibt es an jedem Arbeitsplatz. Statistisch gesehen, gibt es aber tatsächlich Berufe, in denen häufiger gemobbt wird und laut einer Untersuchung des Statistischen Bundesamts rangiert ganz oben auf der Liste, ein Berufsfeld, in dem man es zunächst am wenigsten vermuten würde: Die Sozialberufe, also Sozialarbeiter, Erzieher, Klinikpersonal und Altenpfleger. An nächster Stelle rangieren Bürojobs und Bankangestellte. Das geringste Mobbing-Risiko findet sich für landwirtschaftliche Berufe.

 

Für Mobbing gibt es die unterschiedlichsten Ursachen

Wo Menschen zusammenkommen, da „menschelt“ es – und Mobbing entsteht dort, wo Menschen auf engem Raum – wie zum Beispiel im Büro – zusammenarbeiten. Hier kann es leicht zu Rivalitäten, aber auch offenen Feindschaften kommen. Statt an gemeinsamen Zielen zu arbeiten, begegnen sich Kollegen oft mit Konkurrenzdenken oder Ausgrenzung. Laut Forschung ist Mobbing vor allem ein Gruppenphänomen, ein System aus Tätern, Opfern aber auch Zuschauern und Mitläufern. Die Opfer von Mobbing können sich die Ursachen oft gar nicht erklären… meist ist der Grund jedoch simpel: Mobbing-Opfer geraten vollkommen unverschuldet in Ihre missliche Lage. Und die kann viele Ursachen haben:

Eine häufige Ursache für Mobbing ist ein geringes Selbstwertgefühl. Wer jemand anderen schlecht macht, versucht das eigene Ego zu stärken – vielleicht auch um Unzulänglichkeiten und Fehler zu vertuschen. Und dann gibt es Kollegen, die schlicht und ergreifend neidisch auf Sie und Ihre Leistungen oder Ihr gutes Verhältnis zu Ihrem Chef sind. Es kann auch sein, dass Ihre Lebensumstände einfach anders sind als die der Kollegen und die das Gefühl haben, dass Sie nicht zu ihnen passen.

Grundsätzlich muss zwischen tatsächlichem Mobbing und anderen Formen von falschem Verhalten differenziert werden. Nicht immer, wenn man sich von Kollegen schlecht behandelt fühlt, liegt automatisch Mobbing vor. Entscheidend sind dabei – aus Sicht des Arbeitsrechts – zwei Faktoren, die erfüllt sein müssen: Mobbing muss wiederholt und systematisch sein.

Das heißt im Klartext: Mobbing muss über einen längeren Zeitraum erfolgen – nicht alles, das einem übel aufstößt ist schon gezielter Psychoterror. Die Schikane muss zielgerichtet und systematisch erfolgen, so dass man das Fehlverhalten nicht als „einmaligen Ausrutscher“ entschuldigen kann. Das bedeutet für das Mobbingopfer oft einen langen Leidensweg.

Mobbing wird mit offenen Anfeindungen in Verbindung gebracht oder mit Lästereien hinter dem Rücken der Kollegen. Doch Mobbing tritt in den unterschiedlichsten Facetten auf. Zu Beginn merken viele Opfer noch nicht einmal, dass sie gemobbt werden, denn einige Täter gehen sehr subtil vor. Statt offener Konfrontation setzen sie auf Zermürbung und versteckte Angriffe, Intrigen oder Sticheleien.

Geschossen wird entweder gegen die Leistung und Kompetenz der Mobbing-Opfer oder auch direkt gegen deren Aussehen und Ansehen. Alle Formen und Angriffe haben jedoch eines gemein: Sie sind ungemein verletzend. Häufig ist Mobbing die Folge mangelnder Arbeitsorganisation und eines schlechten Betriebsklimas: Mitarbeiter und Chef sind überlastet, unterfordert oder gelangweilt und kanalisieren ihren Frust auf eine bestimmte Person. Für das Opfer beginnt dann ein Teufelskreis aus Isolation, seelischen Verletzungen und Schikane.

 

Beispiele für Mobbing

Es gibt verschiedene Warnzeichen, auf die Sie achten sollten, um Mobbing rechtzeitig zu erkennen:

 

Ausgrenzung: Die Täter behandeln Sie wie Luft und grenzen Sie aus. Nicht nur vom gemeinsamen Mittagessen, sondern systematisch: Vom Ratsch in der Kaffeeküche (oder die Runde verstummt, sobald Sie aufkreuzen), von Meetings (zu denen Sie nicht eingeladen oder die kurzfristig verschoben werden – was Ihnen allerdings keiner sagt). Ein typisches Signal.

 

Kritik: Jeder macht mal Fehler und es ist in Ordnung, dafür kritisiert zu werden. Wenn aber das Nörgeln überwiegt, wenn es grundlos ist, Ihre Kompetenz immer wieder in Frage gestellt und Sie bloßgestellt werden, dann ist das ein Zeichen für Schikane. Insbesondere wenn das Ziel dabei ist, Sie lächerlich zu machen oder einzuschüchtern. Mit der Zeit wird solche Kritik auch persönlich: Die Mobber machen sich über körperliche Schwächen, die Figur, die Kleidung oder die Frisur lustig. Mit dem Job hat das jedenfalls schon lange nichts mehr zu tun…

 

Lügen: Klatsch und Tratsch gibt es in jedem Unternehmen. Das hat manchmal sogar Vorteile. Wenn dieser Flurfunk jedoch destruktiv und anhaltend gegen Sie gerichtet ist und wenn er Ihrem Ruf schadet, dann ist das üble Nachrede – und justiziabel. Solche Gerüchte und Unwahrheiten gelten als häufigste Form des Mobbings.

 

Beleidigungen: Bei Mobbing kommt es neben Sticheleien auch immer wieder zu Beleidigungen. Diese können direkt ausgesprochen oder hintenrum verbreitet werden. Unter solch einem Psychoterror leiden Betroffene besonders stark und wissen oftmals nicht, wie Sie mit der Situation umgehen sollen. Wenn Sie am Arbeitsplatz ernsthaften Beleidigungen ausgesetzt sind, sollten Sie erkennen: Hier herrscht nicht einfach ein rauer Umgangston… Das ist eine Form des Mobbings.

 

Sabotage: Noch einen Schritt weiter und man sagt Ihnen Übles nicht mehr nur nach, sondern sorgt auch dafür, dass es stimmt. Ihr Computer wird manipuliert, Unterlagen verschwinden. Kollegen enthalten Ihnen wichtige Information vor und intrigieren gegen Sie. Dieses Verhalten setzt Sie massiv unter Druck und sorgt so dafür, dass Sie wirklich Fehler machen oder sich blamieren. Eindeutiger geht Mobbing nicht.

 

Gewalt: Mobbing ist psychisch ausgeübte Gewalt. Denn Gewalt hat durchaus subtile Formen. Dazu gehören auch sexuelle Belästigungen, Drohungen oder Einschüchterung. Wenn Kollegen Sie mit Zweideutigkeiten in Verlegenheit bringen, Sie gegen Ihren Willen berühren oder dafür sorgen, dass Sie aus Angst Ihre Meinung nicht mehr äußern, ist das psychische Gewalt und eine Form von Mobbing.

 

Über-/Unterforderung: Im Arbeitsrecht fällt auch das eindeutig unter Mobbing: Man gibt Ihnen Aufgaben, die entweder weit unter Ihrem Niveau liegen – oder Sie bekommen ein Projekt, das Sie z.B. aus Zeitgründen gar nicht schaffen können. Man setzt Sie unter enormen psychischen Druck, stellt extreme Anforderungen – und hofft auf Ihr Versagen. Ein klassisches Beispiel: Man weiß, dass Sie am Abend einen wichtigen privaten Termin haben und gibt Ihnen noch schnell eine Aufgabe, die am Morgen unbedingt erledigt sein muss.

 

Mobbing hat schlimme Folgen

Wenn Sie das Opfer von Mobbing werden hat das weitreichende Konsequenzen, auf Ihre Leistungen im Job und Ihre Arbeitsqualität. Noch schlimmere Auswirkungen aber auf Ihr Privatleben. Viele Arbeitnehmer können mit anhaltendem Mobbing und dem damit verbundenen Druck nicht umgehen. Sie leiden Höllenqualen, auch außerhalb des Jobs. Sie fühlen sie sich hilflos, elend und ohnmächtig. Ihr Selbstbewusstsein leidet enorm, so dass sie sich kaum gegen die Mobbingattacken wehren können. Neben den psychischen Auswirkungen, Ängsten und langfristig sogar Depressionen bis hin zur Suizidgefahr existieren auch zahlreiche physische Auswirkungen des Mobbings. So leiden die Betroffenen häufig unter Schlafstörungen, körperlichen Schmerzen, Essstörungen oder Angstzuständen – die Liste ist endlos, weil jeder anders reagiert. Nicht wenige Mobbingopfer versuchen mit Medikamenten oder Alkohol ihre Situation erträglicher zu machen. Hinzu kommen noch finanzielle Einbußen, wenn Sie z.B. infolge des fortgesetzten Mobbings langfristig krankgeschrieben oder sogar arbeitslos werden.

 

Mobbing ist strafbar

Leider gibt es im Gegensatz zu anderen Ländern in Deutschland kein allgemeines Anti-Mobbinggesetz. Nichtsdestotrotz ist Mobbing strafbar und gilt als Eingriff in das Persönlichkeitsrecht eines Menschen, das durch Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes geschützt ist. Verschiedene Teilaspekte des Mobbings können Sie also anzeigen. Täter können auch strafrechtlich belangt werden, wegen Beleidigung, übler Nachrede, Verleumdung oder Körperverletzung. Daneben existiert das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG), auf das Sie sich als Mobbingopfer berufen können, wenn Sie aufgrund Ihrer ethnischen Herkunft, Ihres Geschlechts, Ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, Ihres Alters oder Ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert werden.

Mobbing-Opfer können aber auch vom Beschwerderecht (Betriebsverfassungsgesetz) Gebrauch machen und sich bei ihrem Arbeitgeber über ungerechte Behandlung beschweren. Dieser muss die Beschwerde prüfen und falls diese zulässig ist, für eine Verbesserung der Situation sorgen. Ihr Chef hat Ihnen gegenüber eine Fürsorgepflicht, d.h. er muss eingreifen und den Tätern Einhalt gebieten, z.B. durch Abmahnungen, Versetzung oder Kündigung. Sie können sich – falls vorhanden – auch an den Betriebsrat richten, der sich ebenfalls damit auseinandersetzen muss. Falls beides nicht fruchtet, zögern Sie nicht, sich juristischen Beistand zu suchen.

 

Wehren Sie sich!

Auch wenn es schwerfällt und Ihr Leidensdruck groß ist: Lassen Sie sich Mobbing NIE gefallen – wer schweigt und erduldet, stärkt die Mobbing-Täter. Natürlich fühlen Sie sich ohnmächtig, doch je mehr Sie sich wehren, desto größer sind Ihre Chancen, das Mobbing zu beenden. Natürlich ist es zunächst einmal die Aufgabe der Vorgesetzten Mobbing am Arbeitsplatz von vornherein zu verhindern – doch leider zeigen die vielen Mobbingfälle, dass das nicht immer funktioniert. Deshalb müssen Sie selbst handeln und aktiv werden. Das ist leichter gesagt als getan, klar. Aber es gibt tatsächlich ein paar Strategien:

 

Keine Reaktion zeigen: Wenn Sie sicher sein können, dass Ihrem Vorgesetzten der Querulant und dessen Aktionen egal sind, dann zeigen Sie dem Mobber die kalte Schulter. Das durchkreuzt die Pläne und trägt zur Deeskalation bei – dem wichtigsten Ziel bei Mobbing. Oft geben solche Typen schnell auf, wenn sie merken, dass ihre Gehässigkeiten und Gemeinheiten keinerlei Wirkung haben. Im Gegenteil: Sie selbst stehen vor den anderen plötzlich sehr schlecht da… Diese Fälle sind allerdings selten. 

 

Angriff: Gibt der Mobber nicht auf oder schart er zunehmend Verbündete um sich, müssen Sie ihm Paroli bieten. Sprechen Sie ihn an, zunächst einmal erst unter vier Augen, danach vor Zeugen. Offenbaren Sie sein Verhalten vor Kollegen und machen Sie ihm klar, dass Sie notfalls juristische Schritte unternehmen, falls er nicht aufhört. So gewinnen Sie Respekt und zeigen Stärke. Vergessen Sie nicht: Mobbing ist strafbar und für den Täter rückt der Erfolg in immer weitere Ferne, je autonomer und souveräner das Opfer bleibt.

 

Mobbing-Tagebuch: Führen Sie Buch über das, was Ihnen passiert. Denn sollte es zu einem Rechtsstreit kommen, liegt die Beweislast leider bei den Mobbing-Opfern. Weil viele Täter aber so klug sind, ihre Schikane nicht vor Zeugen oder schriftlich zu begehen, wird das meist schwierig. Dann steht Aussage gegen Aussage. Eine – durchaus juristisch akzeptierte – Alternative ist, ein sogenanntes Mobbing-Tagebuch zu führen. Halten Sie darin minutiös die Attacken und Angriffe fest – mit Datum, Uhrzeit, Namen und exakter Beschreibung. Die Aufzeichnung wiegen zwar nicht so schwer wie Schriftstücke oder Zeugen. Sie können damit aber auf jeden Fall die Systematik und Regelmäßigkeit des Mobbings nachweisen.

 

Rückzug: Wenn Sie alles versucht haben, bleiben Ihnen nur zwei Alternativen: Der Weg zum Chef oder die Kündigung. Bei Ersterem ist wichtig, dass Sie Ihren Vorgesetzten auf seine Fürsorgepflicht aufmerksam machen und z.B. interne Arbeitsplatzalternativen suchen. Bleiben Sie dabei aber unbedingt sachlich – auch wenn’s schwerfällt. Denken Sie daran: Sie monieren Unrecht und können das auch beweisen. Wenn das alles nicht hilft, dann zeigen Sie Rückgrat in dem Sie sich zurückziehen und kündigen – das ist keine Schande. Natürlich haben die Mobber dadurch Ihr Ziel vermeintlich erreicht – aber nur auf den ersten Blick. Denn auch wenn Ihr Abschied wie eine Niederlage erscheint, seien Sie versichert: Ein Unternehmen, das derartige Intrigenkultur zulässt, das hat Sie nicht verdient und dafür sollten Sie keinesfalls Ihre Gesundheit und Ihre Lebensfreude auf’s Spiel setzen.


- SB




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